Samstag, 27. März 2010

Sigurd


Nun, ich komme wohl nicht darum herum, über „Sigurd“
zu sprechen, und damit über Hans Rudi Wäscher.
Den Comiczeichner, der in den Fünfzigern und frühen
Sechzigern omnipräsent an allen Kiosken war und mit
seinen Serien eine ganze
Generation von Buben fürs Leben prägte.


Sigurd, Nick und Tibor, dürften wohl an Keinem,
der zu diesen Jahrgängen gehört, spurlos vorübergegangen sein.
Später kamen etwa noch Falk, Gert, Jörg, Nizar,
einige Folgen von Akim, Roy Stark, die Piloten Bob & Ben
und noch später Buffalo Bill und einige
Folgen von Bastei’s Gespenstergeschichten dazu.



Ueber den am 5. April 1928 in St. Gallen geborenen
Wäscher ist mittlererweile viel geschrieben worden.
Fanclubs halten die Erinnerung an sein Werk wach und Wäscher selbst pinselt
immer noch fleissig weiter.
Damals wusste man so gut wie nichts über den Schöpfer
dieser Gestalten, man verschlang einfach seine
Geschichten.






Wer durch Sätze wie „Nimm dies, Schurke“
oder „Aargh, dieser Sigurd ist ein Teufel“
nicht stante pede in die fünfziger
Jahre zurückkatapultiert wird,
der wird den Kult nie verstehen, den gestandene
Sechzigjährige heute noch um Sigurd von
Eckbertstein, seinen Freund, den getreuen Bodo
und den Knappen Cassim zelebrieren.




Man kann an gewissen zeichnerischen
Schwächen Wäschers herummäkeln, etwa Sigurds
manchmal etwas zu klein geratenen Kopf,
bedingt durch seine übermächtig breiten Schultern.
An den manchmal etwas hölzernen Bewegungen der Figuren,
den stereotyp schablonenhaften Geschichten....




Egal, Wäscher konnte verzaubern.
Darin war Wäscher der unerreichte Meister !




Er konnte einem in seinen phantastischen Kosmos
hineinziehen und darin gefangen halten.
Egal ob Dschungel, Weltraum oder Mittelalter.
Ein Blick auf das meist atmosphärisch ungeheuer
dichte Titelbild und man war hypnotisiert.
Gebannt.
Hilflos ausgeliefert.

Wäschers immense Produktivität brachte nicht
nur ihn an den Rand eines Nervenzusammenbruchs,
sondern überstrapazierte natürlich auch das spärlich
vorhandene Taschengeld und so war man gezwungen,
sich gegenseitig die Hefte auszuleihen, zu tauschen,
bis sie abgegriffen und zerfleddert waren.
Wohl deshalb ist es heute fast unmöglich, noch einen
halbwegs gut erhaltenen
Original Wäscher-Comic zu einem vernünftigen Preis zu finden.
Die Piccolos habe ich hier in der Schweiz nicht mitbekommen.
Das Sigurd Fieber ergriff mich so etwa 1959 mit dem Heft,
indem Sigurd gegen einen Tyrannosaurus kämpft. Wenn ich das
Bild sehe, erleide ich auch heute noch ab und zu akute Rückfälle.




Die Kultserie wurde später im Abi Melzer-Verlag (1976),
vom Comic-Buch-Club (1977-1978)
und im Norbert Hethke-Verlag (seit 1981)
in den unterschiedlichsten Aufmachungen
mehrmals nachgedruckt.
Die Ritter Sigurd und Falk, die Dschungelhelden Akim und Tibor
zusammen mit Nick dem Weltraumfahrer sollen eine
Gesamtauflage von sagenhaften 500 Millionen
Exemplaren erreicht haben.



Ab den Neunzigern wurde Hans Rudi Wäscher auch endlich
offiziell die wohlverdiente
Anerkennung zuteil.
Wäscher erhielt den Künstlerpreis „Golden Pen”
von der Verbrauchervereinigung Medien e.V.,
Arbeitsgemeinschaft familienfreundliches Fernsehen.
1999 wurde er mit dem „Deutsche Fantasypreis” ausgezeichnet.
Die Jury würdigte damit „seine Comicschöpfungen,
mit denen er in der tristen Nachkriegszeit
Licht in die Herzen der Kinder brachte”.
2008 wurde Hansrudi Wäscher mit dem Spezialpreis
des Comic-Salons Erlangen, dem Max-und-Moritz-Preis, ausgezeichnet.
Die Jurymitglieder würdigen damit seine Pionierleistung
für den deutschen Comic.
2009 erhielt Hansrudi Wäscher den PENG-Preis auf dem
Comicfestival München vom Kulturreferat der Stadt für sein Lebenswerk.