Donnerstag, 19. Mai 2011

Kiosk


Heute machen Raucherhatz, Gratiszeitungen und nach
fragwürdigen Verkaufsstrategien durchgestylte Auslagen
auch diesem einst magischen Ort den Garaus.



Früher eine kleine Welt der Wunder, umweht vom geheimnisvollen
Ruch des Verbotenen, wo Colafrosch,
Bazookakaugummi und Tiki, Sigurd und Billy Jenkins
einträchtig nebeneinander lagen.

Kleine Häuschen aus Holz, manchmal noch mit Laubsägearbeiten verziert,
die an den orientalischen Ursprung des Kiosks erinnern
sollten. Umweht von mannigfaltigen Gerüchen, nach Tabak, Schokolade
und druckfrischem Papier. Wo man nebst Zeitungen
und Illustrierten, (”Quick” mit “Nick Knatterton”) ...




...Romanheften aller Art, Zigaretten
( auch einzeln zu kaufen! Fünf Rappen das Stück!! ) vor allem
Comics fand.




Micky Maus, Fix & Foxi, Tarzan, Tibor und Akim,
drei Herren im Lendenschurz die sich verwirrend ähnlich
sahen. Illustrierte Klassiker, Fernsehabenteuer, Felix und vor allem
das vierzehntägliche Highlight: Sigurd!




Krimi-
Zukunfts- und Westernromane, Bravo...



...und- wie man in späteren
Jahren erfuhr, -unter dem Ladentisch, Hefte mit (halb)
nackten Frauen, wie etwa den„Playboy“ – der ja mittlererweile auch dahinserbeln soll.




„Söll en röllele, Mössiö?? Gümmeli drum?
Eine Welt der Wunder!

Heute findet heute kaum mehr den G-man Jerry Cotton oder Perry Rhodan.



Westernhefte scheinen gänzlich ausgestorben ...


...und
in Sachen Comics soll doch gar vor wenigen Monaten gar "Fix & Foxi“
( das ich zwar nie besonders mochte) zumindest vorübergehend das Zeitliche
gesegnet haben.

O tempora, o mores !


Irgendwo in der Zwischenwelt steht er noch, dieser Kiosk, der in dieser Realität längst verschwunden ist.
Manchmal führt mich mein Weg im Traum dorthin.
Manchmal entdecke ich dort Comics, die es nie gegeben hat.
Psychoanalytisch wird eine Deutung solcher Träume
wohl nur bestätigen, was ich eh schon weiss,
- nämlich, dass ich ein alter Kindskopf geblieben bin.

Mich erstaunt viel mehr die Gestaltungskraft der „Traumwelt“,
die mir etwa ein ganzes Prinz Eisenherzheft
präsentiert. Ich kann den Text lesen, bin also einigermassen bei ähnlich klarem
Bewusstsein, wie auch tagsüber.
Die Zeichnungen sind unverwechselbar in Harold Fosters Stil.
Da ich weiss, wie viel
Mühe es macht, auch nur eine einzige Seite eines Comics zu gestalten,
da ich weiss, wie schwierig Fosters zeichnerisches Können nachzuahmen ist,
frage ich mich dann manchmal schon, warum mein Gehirn im Schlaf mit
Leichtigkeit über Fähigkeiten verfügen soll, die mir tagsüber
in keiner Weise auch nur annähernd zur Verfügung stehen.
Dass mein Gehirn mir aus Jux und Tollerei ein ganzes,
fixfertiges Comicheft, oder gar mehrere hervorzaubern
können soll, scheint mir doch zumindest auf phantastische,
bislang bei weitem nicht ausreichend erkannte
Potentiale der “Traumzeit”hinzuweisen???