Schaggi Streuli, eigentlich Emil Kägi
4. Juli 1899 - 3. November 1980
Es gab eine Zeit, da gab es noch kein Fernsehen.
Die ganze Familie sass abends um den
Radioapparat und hörte Hörspiele.
Dies war u.a. auch die ganz
grosse Zeit von Schaggi Streuli.
Sein später auch verfilmtes Hörspiel “Oberstadtgass”
war ein Strassenfeger, wie auch seine
seine 17-teilige Radiohörspielreihe um den
Polizischten Wäckerli. Die darauf basierenden
Spielfilme und die TV Serie machten ihn und
seine Paraderolle schweizweit zu einer
fast legendären Figur.
Ob als "Polizischt Wäckerli", als Briefträger Albert Jucker
in "Oberstadtgass oder als "Taxichauffeur Benz",
er verkörperte den aufrechten, solid- bodenständigen wenn auch
etwas bieder-bünzligen Schweizer Patriarchen,
mit all seinen Vor- und Nachteilen.
Streuli's Schauspielkarriere begann, relativ
spät, 1936 am Corso-Theater in Zürich.
Er gehörte dem bekannten Cabaret
Cornichon in Zürich und
von 1947 bis in die fünfziger
Jahre dem Cabaret Féderal an.
Von 1939 an benutzte er den
Künstlernamen Schaggi Streuli.
Seine erste Filmrolle hatte er 1938 im
Schweizer Spielfilm "Füsilier Wipf."
Erst folgten Nebenrollen in
"Gilberte de Courgenay", "Emil, mer muess halt
rede mitenand" und "De Hotelportier" 1941.
"Palace Hotel" 1952 und "Heidi und Peter"1955.
Dann schlug 1955 Schaggi Streuli's die grosse Stunde.
Durch den ungeheuren Erfolg
seiner Radiohörspiele wurde der
Regisseur Kurt Früh auf Streuli aufmerksam.
1955 wurde "Polizischt Wäckerli"verfilmt.
Streuli lieferte das Drehbuch und
spielte auch selber die Hauptrolle.
Er traf mit seinem idyllisch
dramatisierten Spiegelbild der
Probleme eines kleinbürgerlichen
Schweizer Städtchens wohl den Zeitgeschmack.
Ich sah den Film (mit der Schule !!! ) sieben Jahre
(1962) später und fand ihn damals in seiner
Biederkeit unerträglich. Das hatte man
ja schon tagtäglich um sich herum, dazu
brauchte man doch nicht extra noch ins Kino zu gehen.
Was nach meiner Meinung darauf hinweist, dass
der Film, oft als "unzeitgemäss" verschrieen,
doch ein ziemlich stimmiges
Bild der Schweiz in den fünfziger Jahren zeigt.
Der Uebergangszeit vom
dörflichen Leben zum Leben in der "Agglo".
Meine Sympathien lagen damals voll und
ganz auf Seiten von Wäckerlis Sohn
Ruedi, der aus dem engstirnigen Mief nach Zürich
abhaut und sein künstlerisches Talent bei der
Ausstattung der "Chérie Bar" unter Beweis stellt.
Hah! Das waren Perspektiven!!!
In der Zwischenzeit muss ich doch gestehen, dass
nicht alles falsch war, an dem was Vater Wäckerli
predigte und ich viele Werte, die er ganz selbstverständlich,
sozusagen leibhaftig verkörperte, heute schmerzlich vermisse.
Streuli knüpfte mit "Oberstadtgass" 1956 ...
...und
"Taxichauffeur Bänz" 1957 (mit Maximilian Schell)
an diesen Erfolg an.
(Man beachte die "moderne Kunst"
an der Wand hinter Sigfrit Steiner!)
"Zum goldenen Ochsen" 1958 markierte den
Wendepunkt und wurde zum
vorläufig letzten "Streuli-Film".
Die aufrechte Biederkeit seiner Rollen machte einer
gewissen Verbitterung Platz und er wurde mehr
und mehr zum grantelnden Alten, der sich
den wandelnden Werten des Zeitgeistes der
boomenden fünfziger Jahre trotzig widersetzt.
Er rettete sich in Heimatfilme wie "Anne Bäbi Jowäger:
Wie Jakobli zu einer Frau kommt" 1960 und
"An heiligen Wassern" 1960, bereitete er den Wäckerli
nochmals für das eben in Mode gekommene Fernsehen
auf und wagte 1967 mit "Polizist
Wäckerli in Gefahr" ein Comeback
mit seiner berühmten Figur.
Der Versuch schlug fehl. Streuli traf den Ton der
Zeit nicht mehr richtig, auch wenn versucht wurde,
gar die neumodischen «Pilzköpfe und
ihre Tschäderemusig» mit der Gruppe
"The 5 Tomcats" einzubringen, denen bei ihrem
Auftritt kurzerhand die Sicherung rausgedreht wird.
Herausstechend aber die zwei
Erbschleicher, Jörg Schneider als HüGü-Vögeli und Paul Bühlmann,
beide damals noch am Anfang ihrer Karrieren.
Schaggi Streulis letzte filmische Arbeit war
sein Abschiedsfilm "De Grotzebuur" 1975
der sich mit dem Niedergang des
Schweizer Bauernstandes auseinandersetzte.
Der Film konfrontierte den Zuschauer mit dem
erbarmungslosen Existenzkampf vieler Kleinbauern
und sensibilisierte die Schweizer Bevölkerung erstmals
mit den Hintergründen der Eierproduktion in
Legebatterien. Als Folge verbot die Schweiz als
erstes Land die Käfighaltung von Legehühnern.