Samstag, 21. November 2009

René Lasartesse


Inzwischen über achtzig Jahre alt, eine Legende aus der Zeit, wo „Wrestling“ noch „Catch as catch can“ hiess. René Lasartesse, der König der Catcher. Unter seinem Künstlernamen René Lasartesse , " L`Aristocrat du Catch " bestritt der Basler Edouard Probst ab 1953 tausende von Kämpfen. Er war in dem buntschillernden und gleichzeitig trüben Gewerbe der perfekte Finsterling.
„Catch as catch can“ ist eine Spielart des Freistilringens, bei der fast alle Griffe erlaubt sind. „Catch“ galt nicht als „saubere“ Sportart, galt wie heute das „Wrestling“ nur als abgekartete Show. „Catch“ war brutal, vulgär, roh und was es sonst noch an Ueblem zu sagen gibt. Ihm haftete der Ruch des Unseriösen, des Rummelplatzhaften an. Primitive "Unterhaltung" für die Unterklasse! Catch wurde infolgedessen auch irgendwann in Basel verboten, feierte aber im benachbarten Mulhouse Triumphe.


Meist konnte man in den frühen Sechzigern (heimlich) die Kämpfe auf dem französischen Sender sehen. Die Diskussion, wie viel davon echt und wie viel Show war, war vor fünfzig Jahren genau so aktuell. wie heute. Die Menge wollte „Grand Guignol“, wollte Spektakel: Den “guten“ Kämpfer zum Mitleiden und Mitfiebern, und den bösen Widerling zum Verabscheuen. Schwarz und Weiss. Zwischentöne gab es nicht. Das Ringen war echt, aber ohne Show war kein Geschäft zu machen. Lasartesse wörtlich: "Also, wir wollen, daß das Publikum kommt. (...) Damit das Publikum kommt, müssen wir diese Ware einpacken. Schön, mit einem Silberpapier. Schleife dran." Das sah bei ihm so aus:



1,98 Meter gross, mit wallendem, bodenlangen Dracula-Cape aus schwarzer Samt, auf dem Rücken ein goldener Adler und weissblondiertes Haar. So provozierte er 35 Jahre lang erfolgreich, wenn er ihn unerreichter Arroganz durch den tobenden Hexenkessel des Publikums schritt. Er war immer der elegante Bösewicht, der Schurke vom Dienst. In den USA der überhebliche Deutsche mit dem Namen Ludwig von Krupp. In Deutschland hingegen war er der „aristokratisch herablassende“ Franzose.



René Lasartesse war jedenfalls mehrfacher Weltmeister von 1970-1978, zwölfmaliger Europameister und über 35 Jahre im internationalen Catch-Geschäft. Verschrieen als meistgehasster Berufsringer Europas führte er ein Leben wie in einem Film. Als Wrestlingstar kämpfte er sich rund um den Globus, mal mit wenig Geld in der Tasche, mal mit mehr. Nach den frühen Tod des Vaters hatte er erst mit Boxen angefangen und wechselte dann zum Ringen. 1958 errang er den Europameistertitel. Kurz darauf kam ein Telegramm aus den USA. „Das war ein Angebot, das ich nicht ausschlagen konnte. Dort wollte jeder hin“. Eines der wenigen Bücher über den europäischen Berufsringkampf veröffentlichte 1991 Andreas Matlé in Zusammenarbeit mit Lasartesse, Die Biographie über einen außergewöhnlichen Menschen in einem außergewöhnlichen Milieu das den engen Zusammenhang zwischen Schaugeschäft, Sport und Schauspielerei aufzeigt. Der vielverheissende Arbeitstitel "Denn sie schreien nach Blut" wurde vom Verlag allerdings vorsichtigerweise auf ein sprödes "Lasartesse. Erinnerungen eines Catch- Weltmeisters" reduziert.


Später spielte er in einigen Filmen und Theaterstücken als Wrestlingcoach mit und lebt heute, nach einem Motorradunfall, der ihn ein Bein kostete, in Reinach BL.