Donnerstag, 1. Oktober 2009

Mantelfahrt




Ja, wäre nur ein Zaubermantel mein!
und trüg er mich in fremde Länder
Goethe 14, 57 W. (Faust 1122).




Viele Attribute der Comic-Superhelden scheinen mir
moderne Varianten der märchenhaften Zauberdinge
zu sein, wie etwa Tarnkappe, Siebenmeilenstiefel
oder Zaubersättel.
Supermans Cape errinnert an den Zaubermantel,
mit dem etwa Klingsor – der “transsylvanische Merlin-”
seinen Schützling Heinrich von Ofterdingen
rechtzeitig zurückbringt.
„Als endlich der letzte Tag der Frist bevorstand,
klagte Heinrich , nun müsse er als Wortbrüchiger
landflüchtig bleiben und könne die Sangeskunst
nicht mehr ausüben. Doch Meister lächelte nur:






Sei getrost", erwiderte Klingsor, ich werd's wohl machen.
Des Abends gab er Heinrich einen Trank,
der diesen in tiefen Schlaf verfallen liess, hüllte ihn
und sich selbst in seinen Mantel 
 und hob sich mit Hilfe der Geister,
über die er gebot, in die Lüfte.
Im Morgengrauen waren sie in Eisenach.
Als man Heinrich fragte, wie es ihm ergangen sei,
antwortete er: "Gestern Abend ging ich in
Siebenbürgen schlafen, und heute morgen zur Mette
erwachte ich in Eisenach.
Wie das zugegangen ist, weiß ich nicht zu sagen".






Einen Zaubermantel, mit dem er sich unsichtbar
machen und durch Raum und Zeit reisen konnte,
hatte auch der Zauberer Rumburak in der
tschechischen Kinderfernsehserie
“Die Märchenbraut”







Beatus zog einst von seiner Felsenwohnung, (..)
zu den Leuten im Üchtland am anderen Ufer des
Thunersees. Da er aber kein Schifflein besass,
um hinüberzukommen, verlieh im Gott die
Wundergabe auf seinem Mantel
über den See zu fahren.


Der Mantel war jedenfalls in alten Zeiten ein beliebtes
Mittel zum Fliegen. Am Bekanntesten ist zweifellos Fausts
Zaubermantel, von dem uns die Faust-Sagen erzählen.





Aber auch der Leiterflug zu Salzburg gehört ins selbe Kapitel.
"Da rief Doktor Faust seinen Gefährten zu, es möge ein jeder
seine volle Flasche fassen und aufsitzen; er selbst drückte den
Kellermeister auf die Leiter, sprach ein Zauberwort,
und hui! fuhren alle aus dem Keller und
durch die Lüfte von dannen. Bald überflogen sie
einen Wald, da setzte Faustus den Kellermeister,
der an allen Gliedern zitterte und schier des
Todes war, auf dem Gipfel eines hohen Tannenbaumes ab
und kam mit seiner Bursa und dem mitgenommenen
Weine wohlbehalten nach Hause, wo sie
tranken, bis der Morgen graute.


Doch schon die Gesta Romanorum (ca. 1300) wissen von einem
zauberischen Flugmantel, der seinen 
Besitzer durch die Lüfte davonträgt.
Viele Heilige sollen sich der Mantelfahrt zur Fortbewegung
bedient haben.
Auch einfachere Menschen griffen früher zum Mantel, um
effektiver zu reisen. So gab es in Schlesien einen Wirt,
der nachts mit seinem Mantel auszog, um Bier einzukaufen.





Hinter all diesen Legenden verbirgt
sich wohl die Traum-Erfahrung des Fliegens oder
Außerkörperliche
Erfahrungen
als reale, allgemein verbreitete Kernerfahrung.






Guten Flug!