Samstag, 18. November 2017

Die Mohrenkopfdiskussion



Wieder einmal flackert
 die Diskussion um den 
angeblich rassistischen 
Begriff “Mohrenkopf” auf.
Eine Online-Petition fordert, den
 Namen Mohrenkopf zu boykottieren. 
Er sei rassistisch, herabsetzend und
diskriminierend.




Man könnte die Bezeichnung,
immerhin handelt es sich um
eine Delikatesse, aber auch als
 Auszeichnung auffassen.




Jedenfalls  hat sich
meines Wissens noch
kein Mailänder darüber
aufgeregt, dass ein allseits
beliebtes
Weihnachtsgebäck
ihm  benannt wird.




Oder beklagen sich die Meiringer
über das "Meringue"?



Seit alter Zeit  ziert ein
Mohrenkopf etliche
Wappen von Schweizer Gemeinden
und für manches Dorf
 war der Begriff namengebend,
sicherlich nicht mit herabsetzender
Absicht.

Dass der Begriff “Mohr” hierzulande
 schon gebräuchlich war,
(und zwar durchaus nicht negativ besetzt !),
bevor Amerika überhaupt entdeckt wurde,
und somit lange vor dem transatlantischen
Sklavenhandel,
habe ich andernorts bereits
 aufzuzeigen versucht.

Die Firma Richterich aus Laufen, weist 
nun darauf hin, dass sich
 der Name ihres Produkts in keiner Weise 
 auf Afrikaner beziehe,
sondern in einem ganz andern
Kontext zu verstehen sei. “Mohre” 
 nennt man die Laufner seit jeher
im Laufental und im Schwarzbubenland.

"Darf man «Mohrenkopf» sagen?
Ja, man darf. Das hat im Laufental und
"Schwarzbuebeland" einen geschichtlichen
 Hintergrund, der nichts mit dunkelhäutigen 
Menschen zu tun hat.
Schon seit Jahrhunderten haben die Bewohner 
der Ortschaften im Laufental "Spitznamen". 
So nennt man zum Beispiel die Zwingener 
"Chabischöpf", die Dittinger "Schnägge", 
die Röschenzer "Mattegumper", 
die Wahlener "Gschwellti" und die 
Laufener "Mohre". Das Wort "Mohren" 
kommt von Moor, was im Altdeutschen
 "Wildschwein" bedeutete."




Das "Schweizerische Idiotikon"
stellt die beiden Verwendungen
des Begriffs vor.

“Es gibt keinen Grund, Essen mit
 einer Hautfarbe zu verbinden ” ,
meint hingegen Frau Brandy Butler, (37) 
 eine Schweizer Musikerin 
mit afroamerikanischen Wurzeln. 
Nun, dann müsste man 
aber auch den Ausdruck
“Schwarzbrot” ächten,...und 
selbstverständlich wäre auch
“Weissbrot” dann als  Schimpfwort für
 eine bestimmte Gruppe 
von Menschen einzustufen.




Das  "Weissbier", die "Weisswurst",
der "Weisskohl" und der "weisse Radi".
 wären nicht mehr tragbar,
das "Eiweiss" und das "Eigelb"
wohl auch nicht.




Was ist mit dem "Weissen Zucker"?

Und wäre dann nicht etwa der Rotkohl
eine Beleidigung für
alle Rothäute, wie man 
die Native Americans
früher nannte?

“ Ich kenne viele dunkelhäutige
 Leute, die in der Schweiz zur 
Schule gingen” meint Frau Butler weiter, 
“ und auf dem Pausenplatz von anderen Kindern
 jeden Tag als Mohrenkopf ausgelacht wurden”.


Das ist zwar unschön, geht aber z.B.vielen 
rothaarigen Kindern ähnlich, die als
Karottenkopf, Rueblichopf,  etc”
bezeichnet werden. Soll deshalb die Karotte
 nicht mehr angepflanzt werden?




Und was ist mit der Schwarzwurzel?




Man kann die Ueberlegung
auch weiter ausdehnen.
Dann müsste sich auch durch
 das  “Bürli”  der ganze 
Bauernstand herabgesetzt
 fühlen ?




Mit dem “Schwöbli” könnten  die
 schwäbischen Nachbarn
sich diskriminiert vorkommen ?
Was ist mit Fleisch- und
Wurstwaren, wie "Wienerli"
"Frankfurterli "oder
 dem "Hamburger"?

Und damit ist und bleibt  Frage:
”Wer darf entscheiden, wie ein Wort
gemeint ist ?”

Wie ich
 ein Wort, einen Begriff
 verstehe, gebrauche  und
verstanden haben will.

Es ist eine spezielle Form
des Kulturimperialismus, wenn
einem aufgezwungen wird, die
Deutungshoheit weitgehend
in den USA  geprägten
Vorstellungen  zu überlassen.





So wurde und wird die
Marke "Uncle Ben's Reis"
hierzulande ganz
anders aufgenommen,
als in ihrem Herkunftsland,
 den USA. Dort  wird er
für viele Afroamerikaner als
 ein stereotypischer
schwarzer "Uncle Tom"
wahrgenommen wird,
was bei ihnen böse Erinnerungen an
die Zeit der Sklaverei und
Unterprivilegierung wachruft.




 Dass man die Dinge auch durchaus
 anders gewichten kann,
 zeigt das Beispiel von
Andrew Emejulu Onuegbu, Kieler
 Koch mit nigerianischen Wurzeln.
Er nannte sein 2007 eröffntes
Restaurant "Zum Mohrenkopf".
 „Ich wollte einen Namen haben,
mit dem ich mich identifizieren kann“,
 sagt Onuegbu, „ich bin ein
 schwarzer Mann und ich sehe
die Bezeichnung nicht als
 rassistische Beleidigung“.
Und weiter:
  „Die Sprachpolizei verhindert
 keinen Rassismus.
Es kommt immer darauf an,
 wie es gemeint ist,
 man sollte das nicht
pauschal verbieten“.

Der Nigerianer Celeste Ugochukwu, Präsident der
 afrikanischen Gemeinschaft in der Schweiz.
 meint dazu:
«Die Sklaverei zum Beispiel war eine
Tatsache, die zu einer Zeit gehört.
 Ich finde, es ist ein Zeichen für
 ein Minderwertigkeitsgefühl,
 wenn ein Afrikaner denkt,
 dass alle afrikanischen Symbole in Europa
 einen negativen Hintergrund haben und
dass man sie einfach so abschaffen soll.»




 Urs Althaus’, in seiner Kindheit der
einzige "Neger" im Kanton Uri,
nennt seine Biografie ganz bewusst
"Ich, der Neger".
«Das ist nicht negativ
 gemeint», betont er.
"Mein Ziel war, das Wort
wieder positiv zu besetzen."
 Er verwende das Wort mit
Stolz. Neger, Farbige, Schwarze – im
 Verlauf der Jahrzehnte
 habe die Bezeichnung stets
 gewechselt. "Ich will mir
aber von niemandem vorschreiben
 lassen, wie ich mich bezeichne."


Man kann die Dinge also durchaus
unterschiedlich betrachten.
Man kann sich auch mit
den verschiedenen Aspekten
 auseinandersetzen, wie
das Bild des "Mohren"
in der europäischen Geschichte
verwendet wurde und wird.

So soll seit  der Darstellung
 des heiligen Mauritius
im Dom zu Magdeburg
1250  der schwarze
 Kopf im Wappen
etwa ein Parteiabzeichen
der Anhänger Friedrichs II.
 in Deutschland
gewesen sein.
Der Mohr gilt auch
als Wappenzeichen
der Zunft der Tuch- und
Gewürzhändler.





Dies führte unlängst in Bern
zu einer breiten Auseinandersetzung
um das Zunftzeichen und Wappen
der erstmals 1383
erwähnten Zunft zum Mohren
und in der Folge auch zu
einer Auseinandersetzung mit
vergessener oder verdrängter
schweizerischer "Kolonialgeschichte".







Muss man nun hinter
A. Carigiets Kinderbuchklassiker
auch schon politisch Unkorrektes
wittern?
Denn auch der Name Maurus 
leitet sich von  "Mohr" ab.




Rassismus verschwindet nicht einfach
dadurch, dass man ihn
vordergründig verdrängt
und in Kinderbuchklassikern die
Begriffe "Negerlein" "Eskimofrauen" oder
"Hottentottenhäuptling"ersetzt, sondern sich
mit  den Bezeichnungen auseinandersetzt.



Zurück zum Mohrenkopf:

Othman Richterich nennt sein Produkt
weiterhin Mohrenkopf, und zwar
 "mit Absicht": «Heikel ist nicht der Name,
sondern was man damit verbindet."

Und Mohrenkopfproduzent 
Robert Dubler macht  klar.
"Solange ich lebe, heisst der 
Mohrenkopf Mohrenkopf."