Dienstag, 24. September 2013

Gerhard Förster - Carl Lindeberg Teil 2





Teil 2 von Gerhard Försters Artikel
über Carl Lindberg


Lindeberg war allerdings nicht der erste Zeichner, 
der mit den Karl May-Bildern beauftragt wurde. 
Die Serien 1-4 stammen von einem unbekannten Künstler. 
Sie sind in einem detailliert gemalten Stil gehalten.



 Für manche Sammler sind die Motive dieses Zeichners
 die schönsten. Die erste Serie „Winnetou“ erschien 
1930 zunächst bei der Putzmittelfirma Sidol, die sie 
als Reihe 9 für ihr  „Es-Te Sammelalbum“ vorsah.
 Ebenfalls 1930 brachte Uhlmann (Nähr-Kakao)
 die Serien 1-4 heraus – ohne Album. Alle weiteren
 Reihen wurden erstveröffentlicht bei der Käserei 
Hirschle und Immler aus Heising im Allgäu, die sie,
 ab 1931, ihrem Champignon-Camembert beigaben. 
Wahrscheinlich hat Hirschle und Immler an der 
Produktion mitgewirkt. Einer Aussage zufolge,
 soll Lindeberg direkt für Hirschle und Immler 
gearbeitet haben. 


Meine Recherchen ergaben, dass die Rechte 
für Druck und Vertrieb der Bilder, etwa im
 Jahr 1935, von der Kunstanstalt Löwensohn
 an die Druckerei und Verlagsanstalt Pestalozzi
 übergingen. Löwensohn ist ein jüdischer Name. 
Geriet der Inhaber der Kunstanstalt in 
Schwierigkeiten mit dem Nazi-Regime? 
Um den Zeitgeist zu illustrieren, möchte ich 
einen Satz aus einem Karl May-Album jener Zeit zitieren,
 dem der Zigarettenfirma Mahalesi: 
„Wir sind ein rein arischer Betrieb“. 
Wie dem auch sei, die Rechte übernahm Pestalozzi 
(laut Aussage eines ehemaligen leitenden Angestellten 
des Betriebs, wurden die Verträge Pestalozzis bezüglich
 der Sammelbilder in den 30er Jahren geschlossen). 
Firmen, die die Bilder ihren Produkten beigeben wollten, 
mussten sich an die Verlagsanstalt wenden. Auf manchen
 Veröffentlichungen der Bildserien und Alben gibt es die 
Eintragung, dass  Pestalozzi selbst der Verleger oder 
zumindest die Druckerei war, allerdings erst bei  
Ausgaben aus den 50er Jahren.
Doch wir befinden uns noch bei den Anfängen in den
 30ern und der Erstveröffentlichung als Beigabe zum 
Champignon-Camembert. 


Als Behältnis für die ersten 
14 Serien war ein Einsteckalbum vorgesehen (Bilder 
wurden mittels Schlaufen befestigt. Der Text war nur
 auf der Bildrückseite zu lesen), das heute eine Rarität 
darstellt. Noch 1931 wurde es ersetzt durch ein 
moderneres Klebealbum, das Platz für die Serien 1-25 
bot (die Bildtexte standen ab nun auch in den Alben). 
Für nur eine Reichsmark war es im Geschäft erhältlich. 
1935 folgte das zweite Album, das die Serien 26-50
 umfasste. Es gab auch einen vierseitigen 
Weihnachtssonderdruck für die Serie 26 „Weihnacht“.

 Vor dem Krieg erschienen nur bei Champignon 
sämtliche Bildserien. Alle anderen Firmen brachten
 bloß einen Teil heraus. - Lindebergs Bilder sind zu
 einem Großteil gekonnt gezeichnet, es existieren 
jedoch auch einige eher schwache Motive. Der Grund 
für den Qualitätsunterschied liegt möglicherweise daran, 
dass der Künstler – glaubwürdigen Aussagen zufolge
 – Assistenzzeichner beschäftigte.

 Es gibt unterschiedliche 
Signaturen. Manche Bilder wurden mit dem Namenszug 
unterschrieben, manche mit Initialen. Diese gibt es
 in zwei Varianten.





Durch einen Freund Lindebergs, der nach Amerika
 ausgewandert ist, war in Erfahrung zu bringen, dass
 sich im Nachlass des Künstlers das Musterexemplar 
eines dritten Champignon-Albums befand. 13 Bilder
 daraus, die den Roman „Old Surehand“ betreffen,
 sind vor einigen Jahren in Sammlerkreisen aufgetaucht. 
Die Motive sind z.T. als Originalzeichnung
 (im Format 1:1), z.T. als
Andruck vorhanden. Sämtlichen
Bildern fehlen die Titelschrift
 und der Rückseitentext. Die graphische Ausführung ist 
ein wenig schlampig. Hat Lindeberg geahnt, dass der dritte
 Band nicht mehr erscheinen wird? Dieser Fund ist für Fans 
dennoch eine kleine Sensation. In diesem Artikel werden 
erstmals einige der Motive abgedruckt. 

Viele Firmen sollten die Karl
May-Bilder auch nach dem Krieg 
veröffentlichen. Doch nur bei einer
 Nachkriegsausgabe (Eilebrecht)
 kamen sämtliche 50 Serien zum
Nachdruck. Häufig änderte man 
auch die Reihenfolge der Serien.
In etlichen Fällen wurde ein kleineres 
Bildformat gewählt. Die verwirrende
Vielzahl der Veröffentlichungen 
gibt ein verzerrtes Bild wieder. Oft
war der Vertrieb regional begrenzt. 
Pestalozzi musste bei der Lizenzvergabe
 darauf achten, dass sich die 
Firmen nicht gegenseitig in die Quere
kamen. Die große Verbreitung 
der Sammelbilder ist nur wenigen
 Marken zu verdanken. 
Vor dem Krieg waren dies in
Süddeutschland Champignon-Camembert
 (2 Alben), im nördlichen Teil des Landes
Mahalesi-Zigaretten (1 Album) 
und in der Schweiz Tobler-Schokolade (1 Album).
 Nach dem Krieg geschah 
die Verbreitung in Deutschland vor
allem durch Eilebrecht-Zigaretten 
(2 Alben), Rau-Margarine (2 Alben)
und Kiddy-Kaugummi 
(nur der erste Band von 1952
 fand starke Verbreitung) und 
in Österreich durch Eihart
und Herout (5 Alben).

In den 50er Jahren gab es Zuwachs.
 Zunächst produzierte die Firma Rau
 (ihre Margarine heißt heute Rama) ein
 Sammelalbum mit den ersten 
20 Champignon-Serien. Im zweiten
 Band, der 1952 erschien, ging es 
überraschenderweise nicht mit den
 Lindeberg-Motiven weiter, sondern 
mit 30 neuen Serien eines unbekannten
Zeichners. Recherchen bei der
 noch existierenden Firma Rau legen
nahe, dass das Album ursprünglich
 für Kiddy produziert wurde. Es
existiert auch ein entsprechendes 
Kiddy-Album, jedoch schien
dessen Verbreitung
minimalst gewesen zu sein 
(im Gegensatz zu dem Rau-Band). Der
eigentliche Auftraggeber muss Pestalozzi 
gewesen sein, denn die Rechte lagen
 immer noch bei der Druckerei 
und Verlagsanstalt, die wiederum
 mit dem Karl May Verlag in 
Verbindung stand (zeitweise existierte
 sogar ein gemeinsamer Vertrieb). 

Während Lindeberg einen kantigen,
 knorrigen Stil hatte, ist der neue 
Künstler (nennen wir ihn den
 Rau-Zeichner) an seiner rundlichen 
Note zu erkennen. Ausserdem hat
sein Old Shatterhand / Kara Ben Nemsi 
einen Vollbart, anstatt, wie bei Lindeberg,
 einen Schnurrbart. Die Texte
 stammen (laut mehreren Aussagen)
 wieder von Patty Frank, handeln
 Mays Bücher diesmal jedoch von
Anfang bis Schluß ab. Trotz all meiner
 Bemühungen, war über den Zeichner
 bis dato nichts herauszufinden. 



Einige Sammler haben allerdings
 die Entdeckung gemacht, 
dass viele Bilder von dem
 bekannten tschechischen 
Karl May-Illustrator Zdenek Burian
 abgezeichnet wurden 
(siehe Bildvergleiche). Betroffen
 sind davon sämtliche Bilder 
der ersten sechs Serien des Zeichners.
 Sie stehen in einem 
inhaltlichen Zusammenhang
und beziehen sich auf Mays 
Erzählzyklus „Satan und Iscariot“
(hier landet Winnetou 
in Afrika und Old Shatterhand wird zeitweise 
Kara Ben Nemsi genannt).
Auch bei einigen Bildern der
 Serien „Joe Burkers, das Einaug“ und
„Deadly-Gun (Kapitän Kaiman)“
 wurden bei Burian Anleihen
genommen. Die Vorlagen waren 
großformatige Innenillustrationen,
 die Burian für die tschechische
 Karl May-Ausgabe machte.
War dieser unbekannte Zeichner 
auf´s Abkupfern angewiesen?
Da er bei seinen weiteren Serien 
(teilweise) durchaus respektable
Ergebnisse erzielte und über 
einen markanten Stil  verfügte,
vermute ich eher, dass es ein 
Wunsch des Auftraggebers war,
die Burian-Illustrationen als 
Vorlagen zu verwenden und sie
 auf Sammelbilder zurecht zu 
trimmen. - Die Motive des Zeichners
 mit dem rundlichen Stil
 wurden in den 60er Jahren, gemeinsam
 mit den Lindeberg-Bildern, 
bei Ebhart und Herout fast
komplett nachgedruckt (Band 3-5). 





Auch von diesem Künstler ist in den letzten
 Jahren sensationelles - da völlig unbekanntes -
Material entdeckt worden. Zum einen sind dies
 fünf bereits gedruckte Serien (30 Bilder) für
ein nicht erschienenes 3. Sammelalbum von
Kiddy (drei Sätze sind in Sammlerkreisen
aufgetaucht). Sie tragen folgende Nummern
 und Titel: B21 „In Montevideo“,
B22 „Unter den Bolamännern“,
B23 „Bruder Jaguar“,
 B24 „Auf der Alligator-Halbinsel“ und
B25 „Am Rio Parana“. Auf den Rückseiten ist
bei sämtlichen Bildern der Übertitel
 „Am Rio de la Plata“
angegeben und es wird ersichtlich,
dass insgesamt 45 Serien geplant waren.






Zum anderen sind 17 Bilder ohne Text,
als Andruck, bekannt geworden, die sich
 in einer aufgekauften Großsammlung von
Sammelbildern befanden. Genauen Recherchen
 zufolge, betreffen sie Mays Reiseerzählung
„In den Kordilleren“ und sollten in dem geplant
gewesenen 3. Kiddy-Album innerhalb der
 Serien B26 - B30 erscheinen. Als Serie B31 - B35
war der unveröffentlichte Zyklus Lindebergs über
Old Surehand geplant, wie der Aussage des bereits
 erwähnten Lindeberg-Freundes zu entnehmen ist.

Der Artikel wird fortgesetzt.