Teil 2 von Gerhard Försters Artikel
über Carl Lindberg
Lindeberg war allerdings nicht der erste Zeichner,
der mit den Karl May-Bildern beauftragt wurde.
Die Serien 1-4 stammen von einem unbekannten Künstler.
Sie sind in einem detailliert gemalten Stil gehalten.
Für manche Sammler sind die Motive dieses Zeichners
die schönsten. Die erste Serie „Winnetou“ erschien
1930 zunächst bei der Putzmittelfirma Sidol, die sie
als Reihe 9 für ihr „Es-Te Sammelalbum“ vorsah.
Ebenfalls 1930 brachte Uhlmann (Nähr-Kakao)
die Serien 1-4 heraus – ohne Album. Alle weiteren
Reihen wurden erstveröffentlicht bei der Käserei
Hirschle und Immler aus Heising im Allgäu, die sie,
ab 1931, ihrem Champignon-Camembert beigaben.
Wahrscheinlich hat Hirschle und Immler an der
Produktion mitgewirkt. Einer Aussage zufolge,
soll Lindeberg direkt für Hirschle und Immler
gearbeitet haben.
Meine Recherchen ergaben, dass die Rechte
für Druck und Vertrieb der Bilder, etwa im
Jahr 1935, von der Kunstanstalt Löwensohn
an die Druckerei und Verlagsanstalt Pestalozzi
übergingen. Löwensohn ist ein jüdischer Name.
Geriet der Inhaber der Kunstanstalt in
Schwierigkeiten mit dem Nazi-Regime?
Um den Zeitgeist zu illustrieren, möchte ich
einen Satz aus einem Karl May-Album jener Zeit zitieren,
dem der Zigarettenfirma Mahalesi:
„Wir sind ein rein arischer Betrieb“.
Wie dem auch sei, die Rechte übernahm Pestalozzi
(laut Aussage eines ehemaligen leitenden Angestellten
des Betriebs, wurden die Verträge Pestalozzis bezüglich
der Sammelbilder in den 30er Jahren geschlossen).
Firmen, die die Bilder ihren Produkten beigeben wollten,
mussten sich an die Verlagsanstalt wenden. Auf manchen
Veröffentlichungen der Bildserien und Alben gibt es die
Eintragung, dass Pestalozzi selbst der Verleger oder
zumindest die Druckerei war, allerdings erst bei
Ausgaben aus den 50er Jahren.
Doch wir befinden uns noch bei den Anfängen in den
30ern und der Erstveröffentlichung als Beigabe zum
Champignon-Camembert.
14 Serien war ein Einsteckalbum vorgesehen (Bilder
wurden mittels Schlaufen befestigt. Der Text war nur
auf der Bildrückseite zu lesen), das heute eine Rarität
darstellt. Noch 1931 wurde es ersetzt durch ein
moderneres Klebealbum, das Platz für die Serien 1-25
bot (die Bildtexte standen ab nun auch in den Alben).
Für nur eine Reichsmark war es im Geschäft erhältlich.
1935 folgte das zweite Album, das die Serien 26-50
umfasste. Es gab auch einen vierseitigen
Weihnachtssonderdruck für die Serie 26 „Weihnacht“.
Vor dem Krieg erschienen nur bei Champignon
sämtliche Bildserien. Alle anderen Firmen brachten
bloß einen Teil heraus. - Lindebergs Bilder sind zu
einem Großteil gekonnt gezeichnet, es existieren
jedoch auch einige eher schwache Motive. Der Grund
für den Qualitätsunterschied liegt möglicherweise daran,
dass der Künstler – glaubwürdigen Aussagen zufolge
– Assistenzzeichner beschäftigte.
Signaturen. Manche Bilder wurden mit dem Namenszug
unterschrieben, manche mit Initialen. Diese gibt es
in zwei Varianten.
Durch einen Freund Lindebergs, der nach Amerika
ausgewandert ist, war in Erfahrung zu bringen, dass
sich im Nachlass des Künstlers das Musterexemplar
eines dritten Champignon-Albums befand. 13 Bilder
daraus, die den Roman „Old Surehand“ betreffen,
sind vor einigen Jahren in Sammlerkreisen aufgetaucht.
Die Motive sind z.T. als Originalzeichnung
(im Format 1:1), z.T. als
(im Format 1:1), z.T. als
Andruck vorhanden. Sämtlichen
Bildern fehlen die Titelschrift
Bildern fehlen die Titelschrift
und der Rückseitentext. Die graphische Ausführung ist
ein wenig schlampig. Hat Lindeberg geahnt, dass der dritte
Band nicht mehr erscheinen wird? Dieser Fund ist für Fans
dennoch eine kleine Sensation. In diesem Artikel werden
erstmals einige der Motive abgedruckt.
Viele Firmen sollten die Karl
May-Bilder auch nach dem Krieg
May-Bilder auch nach dem Krieg
veröffentlichen. Doch nur bei einer
Nachkriegsausgabe (Eilebrecht)
Nachkriegsausgabe (Eilebrecht)
kamen sämtliche 50 Serien zum
Nachdruck. Häufig änderte man
Nachdruck. Häufig änderte man
auch die Reihenfolge der Serien.
In etlichen Fällen wurde ein kleineres
In etlichen Fällen wurde ein kleineres
Bildformat gewählt. Die verwirrende
Vielzahl der Veröffentlichungen
Vielzahl der Veröffentlichungen
gibt ein verzerrtes Bild wieder. Oft
war der Vertrieb regional begrenzt.
war der Vertrieb regional begrenzt.
Pestalozzi musste bei der Lizenzvergabe
darauf achten, dass sich die
darauf achten, dass sich die
Firmen nicht gegenseitig in die Quere
kamen. Die große Verbreitung
kamen. Die große Verbreitung
der Sammelbilder ist nur wenigen
Marken zu verdanken.
Marken zu verdanken.
Vor dem Krieg waren dies in
Süddeutschland Champignon-Camembert
Süddeutschland Champignon-Camembert
(2 Alben), im nördlichen Teil des Landes
Mahalesi-Zigaretten (1 Album)
Mahalesi-Zigaretten (1 Album)
und in der Schweiz Tobler-Schokolade (1 Album).
Nach dem Krieg geschah
Nach dem Krieg geschah
die Verbreitung in Deutschland vor
allem durch Eilebrecht-Zigaretten
allem durch Eilebrecht-Zigaretten
(2 Alben), Rau-Margarine (2 Alben)
und Kiddy-Kaugummi
und Kiddy-Kaugummi
(nur der erste Band von 1952
fand starke Verbreitung) und
fand starke Verbreitung) und
in Österreich durch Eihart
und Herout (5 Alben).
und Herout (5 Alben).
In den 50er Jahren gab es Zuwachs.
Zunächst produzierte die Firma Rau
Zunächst produzierte die Firma Rau
(ihre Margarine heißt heute Rama) ein
Sammelalbum mit den ersten
Sammelalbum mit den ersten
20 Champignon-Serien. Im zweiten
Band, der 1952 erschien, ging es
Band, der 1952 erschien, ging es
überraschenderweise nicht mit den
Lindeberg-Motiven weiter, sondern
Lindeberg-Motiven weiter, sondern
mit 30 neuen Serien eines unbekannten
Zeichners. Recherchen bei der
Zeichners. Recherchen bei der
noch existierenden Firma Rau legen
nahe, dass das Album ursprünglich
nahe, dass das Album ursprünglich
für Kiddy produziert wurde. Es
existiert auch ein entsprechendes
existiert auch ein entsprechendes
Kiddy-Album, jedoch schien
dessen Verbreitung
minimalst gewesen zu sein
dessen Verbreitung
minimalst gewesen zu sein
(im Gegensatz zu dem Rau-Band). Der
eigentliche Auftraggeber muss Pestalozzi
eigentliche Auftraggeber muss Pestalozzi
gewesen sein, denn die Rechte lagen
immer noch bei der Druckerei
immer noch bei der Druckerei
und Verlagsanstalt, die wiederum
mit dem Karl May Verlag in
mit dem Karl May Verlag in
Verbindung stand (zeitweise existierte
sogar ein gemeinsamer Vertrieb).
sogar ein gemeinsamer Vertrieb).
Während Lindeberg einen kantigen,
knorrigen Stil hatte, ist der neue
knorrigen Stil hatte, ist der neue
Künstler (nennen wir ihn den
Rau-Zeichner) an seiner rundlichen
Rau-Zeichner) an seiner rundlichen
Note zu erkennen. Ausserdem hat
sein Old Shatterhand / Kara Ben Nemsi
sein Old Shatterhand / Kara Ben Nemsi
einen Vollbart, anstatt, wie bei Lindeberg,
einen Schnurrbart. Die Texte
einen Schnurrbart. Die Texte
stammen (laut mehreren Aussagen)
wieder von Patty Frank, handeln
wieder von Patty Frank, handeln
Mays Bücher diesmal jedoch von
Anfang bis Schluß ab. Trotz all meiner
Anfang bis Schluß ab. Trotz all meiner
Bemühungen, war über den Zeichner
bis dato nichts herauszufinden.
bis dato nichts herauszufinden.
Einige Sammler haben allerdings
die Entdeckung gemacht,
die Entdeckung gemacht,
dass viele Bilder von dem
bekannten tschechischen
bekannten tschechischen
Karl May-Illustrator Zdenek Burian
abgezeichnet wurden
abgezeichnet wurden
(siehe Bildvergleiche). Betroffen
sind davon sämtliche Bilder
sind davon sämtliche Bilder
der ersten sechs Serien des Zeichners.
Sie stehen in einem
Sie stehen in einem
inhaltlichen Zusammenhang
und beziehen sich auf Mays
und beziehen sich auf Mays
Erzählzyklus „Satan und Iscariot“
(hier landet Winnetou
(hier landet Winnetou
in Afrika und Old Shatterhand wird zeitweise
Kara Ben Nemsi genannt).
Auch bei einigen Bildern der
Auch bei einigen Bildern der
Serien „Joe Burkers, das Einaug“ und
„Deadly-Gun (Kapitän Kaiman)“
„Deadly-Gun (Kapitän Kaiman)“
wurden bei Burian Anleihen
genommen. Die Vorlagen waren
genommen. Die Vorlagen waren
großformatige Innenillustrationen,
die Burian für die tschechische
die Burian für die tschechische
Karl May-Ausgabe machte.
War dieser unbekannte Zeichner
War dieser unbekannte Zeichner
auf´s Abkupfern angewiesen?
Da er bei seinen weiteren Serien
Da er bei seinen weiteren Serien
(teilweise) durchaus respektable
Ergebnisse erzielte und über
Ergebnisse erzielte und über
einen markanten Stil verfügte,
vermute ich eher, dass es ein
vermute ich eher, dass es ein
Wunsch des Auftraggebers war,
die Burian-Illustrationen als
die Burian-Illustrationen als
Vorlagen zu verwenden und sie
auf Sammelbilder zurecht zu
auf Sammelbilder zurecht zu
trimmen. - Die Motive des Zeichners
mit dem rundlichen Stil
mit dem rundlichen Stil
wurden in den 60er Jahren, gemeinsam
mit den Lindeberg-Bildern,
mit den Lindeberg-Bildern,
bei Ebhart und Herout fast
komplett nachgedruckt (Band 3-5).
komplett nachgedruckt (Band 3-5).
Auch von diesem Künstler ist in den letzten
Jahren sensationelles - da völlig unbekanntes -
Material entdeckt worden. Zum einen sind dies
fünf bereits gedruckte Serien (30 Bilder) für
ein nicht erschienenes 3. Sammelalbum von
Kiddy (drei Sätze sind in Sammlerkreisen
aufgetaucht). Sie tragen folgende Nummern
und Titel: B21 „In Montevideo“,
B22 „Unter den Bolamännern“,
B23 „Bruder Jaguar“,
B24 „Auf der Alligator-Halbinsel“ und
B25 „Am Rio Parana“. Auf den Rückseiten ist
bei sämtlichen Bildern der Übertitel
„Am Rio de la Plata“
angegeben und es wird ersichtlich,
dass insgesamt 45 Serien geplant waren.
Zum anderen sind 17 Bilder ohne Text,
als Andruck, bekannt geworden, die sich
in einer aufgekauften Großsammlung von
Sammelbildern befanden. Genauen Recherchen
zufolge, betreffen sie Mays Reiseerzählung
„In den Kordilleren“ und sollten in dem geplant
gewesenen 3. Kiddy-Album innerhalb der
Serien B26 - B30 erscheinen. Als Serie B31 - B35
war der unveröffentlichte Zyklus Lindebergs über
Old Surehand geplant, wie der Aussage des bereits
erwähnten Lindeberg-Freundes zu entnehmen ist.
Der Artikel wird fortgesetzt.