Donnerstag, 13. November 2014

The League of Extraordinary Gentlemen



Wie im gestrigen Blog beschrieben, 
erlitt mein Unterfangen,
einen Comic über die viktorianische Welt 
und einige ihrer grössten Helden
zu zeichnen, einen gehörigen Dämpfer,
als mir  an einem spanischen Zeitungsstand
ein paar Hefte der 
" League of Extraordinary Gentlemen"
ins Auge stachen.
Ganz offensichtlich war mir 
da jemand zuvorgekommen.


Und zwar keine Geringeren
als AlanMoore
und Kevin O'Neill.

Nachdem ich mir in den Ferien ein
 paar spanische Hefte der Serie 
ergattert hatte, musste unbedingt
 die vollständige Serie her,





Den ersten Band fand ich sensationell,
von der Story, wie vom Artwork her,
ein Meilenstein
einer neuen Art von Comics.




In knappen Kapiteln wird erzählt,
 wie die Mitglieder der 
Liga rekrutiert werden.




Mina Murray, geschiedene Harker, 
die ehemalige Braut Draculas, 
holt den opiumsüchtigen Allan Quatermain 
(Held der Romane von Henry Rider Haggard) 
mit Hilfe von Jules Verne’s  Captain Nemo
 aus einer orientalischen Opiumhöhle,
 Weiter werden Stevensons Dr. Jekyll/ Mr Hyde 
und der "Unsichtbare" Hawley Griffin
 (von H. G. Wells) angeworben um gemeinsam  das von
 Dr. Fu Manchu (nach Sax Rohmer) entwendete
Cavorit zurück zu beschaffen.




Ich war offensichtlich nicht der Einzige,
der es mehr als spannend fand, 
den vielfältig eingewobenen  Bezügen
zur Trivialliteratur jener Zeit nachzugehen.




Ein genialer Meisterstreich,
der mich auf eine Fortsetzung
fiebern liess.




Auch der zweite Band vermochte 
den Standard zu halten, wenn mir
auch die von H.G.Wells  Krieg der Welten
übernommenen  und von Edgar Rice Burroughs
Held John Carter vertriebenen Marsianer
zu unpersönliche und 
übermächtige Gegner waren,
um einem Grüpplein Helden
eine glaubwürdige Chance einräumen zu können.





Den Kampf gegen die Marsianer 
mittels  eines von Dr. Moreau 
entwickelten Hybriden aus Anthrax
 und Streptokokken  hielt ich,
wie Captain Nemo für unziemlich.

Die späteren Bände liessen in
 meinen Augen stark nach.
Das aus rechtlichen Gründen
ausserhalb der Reihe stehende
"Schwarze Dossier"
klammere  ich hier vorerst mal aus.





1910 / 1969 / 2009
sind eigentlich eine einzige,
zusammenhängende Geschichte,
weshalb ich lange  Zeit den Band 1910
merkwürdig unabgeschlossen fand.

Zum Einen besteht  der verbliebene
Rest  der alten Liga nur noch  aus
Mina Murray/ Harket  und Quartermains
Sohn/ bzw. der verjüngt
aus Ayeshas (SHE) Feuer wiedererstandenen
 und eher faden
 Kopie seiner Selbst.

Der Rest der Truppe wird  durch
 einige mehr oder minder
blasse Gesellen neu aufgestockt.
Da ist der unsterbliche Orlando
(nach Virginia Woolfe )
der hin und wieder sein
Geschlecht wechseln kann,
der Dieb Raffles und das Medium Carnacki.
 Allesamt gewinnen kaum Konturen.
Vor lauter Anspielungen läuft die
 Geschichte Gefahr, nicht mehr 
aus sich selbst heraus verständlich zu sein.




Die in 1910 angefangene Geschichte
um Oliver Haddo (Aleister Crowley)
und seine magischen Komplotte
bleibt in der Luft hängen und
die Geschichte findet erst in 1969
seine Fortsetzung.
(Was man aber erst später weiss)
Den zweiten Erzählstrang, in dem
 Captain Nemos Tochter mit Brechts
Seeräuber Jenny aus der Dreigroschenoper
in Verbindung gebracht
wird, hätte man von mir aus
getrost weglassen können.




Dies zumindest mein Eindruck bei
der ersten Lektüre des
Buches.



Mittlerweile weiss man, dass diese
Geschichte  in "Nemo" weitergesponnen wird,
also wurde die Figur doch nicht ganz
 ohne Sinn und Zweck eingeführt.




 In 1969 wird Haddos Komplott
wieder aufgegriffen, mit der
Okkultwelle in der damaligen Rockmusik  und
überdeutlich mit dem
Rockkonzert der Rolling Stones
am 5. Juli 1969 im Hyde Park
 in Verbindung gebracht.
Der Band ist erheblich stärker  und in
sich geschlossener als der
Vorangegangene und als Kind jener Zeit
sind mir die Bezüge auf die Alan Moore
anspielt mehr als vertraut.

So begegnet man , nebst vielen Anderen,
etwa Michael Moorcocks
Jerry Cornelius, der später auch der hermetischen
 Garage von Moebius seinen Namen leihen sollte.

Wie sich der Band allerdings für jemanden liest,
der sich in den Wirren der späten
 sechziger Jahren nicht so auskennt,
vermag ich nicht zu beurteilen.




Zeichner Kevin O'Neill steigert sich
in psychedelische Höchstform.
Der grosse Mangel besteht nach wie vor  darin,
dass die Mitglieder der Liga,
ausser Mina, weitgehend
öde Langweiler sind.
Orlandos Potential mit der wechselnden
Geschlechtsidentität
wird kaum ausgeschöpft.




Quatermain ist ein opiumsüchtiger Waschlappen.
Und ausgerechnet Mina verliert dann kurz Mal für
die nächsten vierzig  Jahre das Bewusstsein ihrer Identität.

2009 bildet dann den Abschluss.
Nach dem Psychotrip, bei dem
Mina den Magier  Haddo auf
der Astralebene besiegt hat,
blieb sie verschwunden und dämmert seit
 40 Jahren in einer Irrenanstalt
vor sich hin.
Orlando findet sie, und später auch
Quatermain.
Der Antichrist wird gefunden  und besiegt,
die Apokalypse verhindert …
und das wars dann wohl?
Ich fand den Abschluss jedenfalls
 nicht so recht befriedigend.

Nun, bei allem Gemäkel
sei betont, alle Bände
haben inhaltlich wie zeichnerisch
unübertreffliche Höhepunkte,
 auf die ich aber hier aus
 Mangel an Platz und
Zeit nicht eintreten kann.
Ich werde bei Gelegenheit
wieder darauf zurückkommen.